Brauche ich Laboranalysen um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu bestimmen?

Veröffentlicht: 24. November 2020

Viele Lebensmittelunternehmen sind der Meinung, dass sie Laboranalysen für die Haltbarkeitsbestimmung in Auftrag geben müssen. Dies ist jedoch nicht in jedem Fall sofort der beste Weg.

Bevor wir uns damit befassen, welche Möglichkeiten es für die Haltbarkeitsbestimmung gibt, gehen wir auf die unterschiedlichen Daten ein. Fast alle Lebensmittel benötigen eine Datierung, umgangssprachlich „Ablaufdatum“ genannt. Dies bedeutet, dass die Hersteller sich entscheiden müssen, ob für ihr Lebensmittel das „mindestens haltbar bis“- oder das „zu verbrauchen bis“ -Datum anzugeben ist. Zudem muss die Haltbarkeitsdauer ermittelt werden.

Bedeutung Mindesthaltbarkeitsdatum

Für die meisten Lebensmittel reicht ein Mindesthaltbarkeitsdatum („mindestens haltbar bis»). Dies, weil sie wenig anfällig für einen mikrobiologischen Verderb sind. Beim Mindesthaltbarkeitsdatum garantiert der Hersteller bis zum aufgedruckten Ablaufdatum die Qualität des Lebensmittels. Wichtig zu wissen ist, dass sich das Datum in der Regel auf die ungeöffnete Verpackung und auf die angegebenen Lagerungsbedingungen bezieht.
Der Hersteller gibt an, bis zu welcher Haltbarkeit der Kunde bei fachgerechter Lagerung mit einer einwandfreien Qualität rechnen kann. Da es sich bezüglich Verderbes um unproblematische Lebensmittel handelt, kann eine relativ grosse Zeitspanne zwischen dem Eintritt von Qualitätseinbussen und dem Verderb des Lebensmittels vergehen.
Je nachdem wie lange das Lebensmittel haltbar ist, sind verschiedene Formulierungen und Darstellungsweisen möglich (Angabe des Tages und des Monats, Angabe des Monats und des Jahres oder vollständige Angabe von Tag, Monat und Jahr).
Mit Einsatz der Sinne ist es möglich zu prüfen, ob ein Lebensmittel auch noch nach Ablauf des Datums konsumiert werden kann.

Bedeutung Verbrauchsdatum

Bei leicht verderblichen Lebensmitteln sollte das Produkt nach Ablauf des Haltbarkeitsdatum nicht mehr konsumiert werden. Deshalb muss bei diesen Lebensmitteln ein Verbrauchsdatum deklariert werden. In diesem Fall muss die Haltbarkeit mit der Formulierung „zu verbrauchen bis“ auf der Verpackung angegeben werden.
Das Verbrauchsdatum ist sicherheitsrelevant. Zwischen eintretenden Qualitätseinbussen und dem Verderb des Lebensmittels liegt in der Regel eine relativ kurze Zeitspanne. Deshalb gibt es für Unternehmer hier oft auch wenig Spielraum, um Sicherheitszuschläge zu machen. Problematisch ist auch, dass meist durch eine reine Sinnesprüfung der Fortschritt des Verderbs bei leicht verderblichen Lebensmitteln nicht eindeutig bestimmt werden kann. Man sieht es den Lebensmitteln nicht immer an, dass sie nicht mehr geniessbar sind. Deshalb sind vor allem bei diesen Produkten mikrobiologische Laboranalysen sinnvoll.

Ein häufiges Missverständnis ist, dass alle gekühlten Lebensmittel ein Verbrauchsdatum benötigen. Dies ist aber nicht der Fall. Lebensmittel können auch aus Qualitätsgründen, die nicht nur den Verderb betreffen, gekühlt werden. Deshalb ist für Lebensmittel wie zum Beispiel Joghurt kein Verbrauchsdatum notwendig.

Manchmal ist die Entscheidung, ob ein Mindesthaltbarkeitsdatum oder ein Verbrauchsdatum gewählt werden soll, gar nicht so einfach. Hängt sie doch von vielen verschiedenen Faktoren ab. Siehe auch unseren Blog-Artikel Datierung deiner Lebensmittel.

Bedeutung Verkaufsdatum

Zusätzlich wird auf Verpackungen zum Teil ein Verkaufsdatum (verkaufen bis) aufgedruckt. Dieses ist kein rechtlich vorgeschriebenes Datum und deshalb auch nicht im Lebensmittelgesetz geregelt.
Oft wird es mit dem Verbrauchsdatum verwechselt. Deshalb ist es kritisch zu betrachten und nach Möglichkeit nicht zu verwenden. Nichts desto trotz wird die Angabe des Verkaufsdatums von einigen Detailhändlern verlangt. In einem solchen Fall empfehlen wir den Betrieben in ihrem Selbstkontrollkonzept genau zu regeln, wie mit dieser Datierung umgegangen wird.

Möglichkeiten zur Haltbarkeitsbestimmung von Lebensmitteln

Die Haltbarkeit von Lebensmitteln hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab. Inhaltsstoffe der Lebensmittel, die Ausgangsqualität der Zutaten, das Herstellungsverfahren, die Lagerungsbedingungen und die Verpackung beeinflussen die Haltbarkeit in erheblichem Masse, um nur einige zu nennen.
Die Festlegung des „Ablaufdatums“ ist häufig sehr komplex. Die Haltbarkeit kann durch eine Kombination von chemischen, physikalischen, mikrobiologischen und sensorischen Analysen bestimmt werden.
Du musst dein Lebensmittel gut kennen, um sein Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsdatum festlegen zu können. Anhand seiner Zusammensetzung musst du zum Beispiel abklären, ob und auf welche Verderbniserreger dein Lebensmittel anfällig sein könnte. Zudem solltest du wissen, welche Bedingungen das Wachstum von krankmachenden Keimen fördert und welche gesetzlichen Anforderungen es für dein Lebensmittel gibt.
Anhand von verschiedenen Faktoren (pH-Wert, Wasseraktivität, Lagerungsbedingungen, Verpackung, Ausgangsqualität der Zutaten etc.) kannst du das Risiko abschätzen und entscheiden, ob dein Lebensmittel ein Mindesthaltbarkeits- oder ein Verbrauchsdatum benötigt. Anhand derselben Faktoren kannst du auch festlegen, wie lange nach der Produktion dein Lebensmittel deinen Qualitätsanforderungen entspricht.
Manchmal sind auch Tests sinnvoll, bei denen die Lebensmittel absichtlich mit krankmachenden Keimen beimpft werden, um die Wachstumsbedingungen zu überprüfen.

Laboranalysen

Bei bestimmten Lebensmitteln werden Laboranalysen gefordert, weil Lebensmittelsicherheitskriterien oder Prozesshygienekriterien eingehalten werden müssen. Daher sind bei schnell verderblichen Lebensmitteln Laborresultate erforderlich, damit man das optimale Verbrauchsdatum ermitteln kann. Sollen Laboranalysen durchgeführt werden, brauchst du ein gutes Konzept und eine gute Probeplanung. Bei der Erstellung dieser Dokumente können nicht alle Labors Unterstützung bieten. Dafür sind dann oft andere Partner nötig.
Die Durchführungen der Laboruntersuchungen sind nicht kostengünstig. Deshalb lohnt es sich, die Art und Zahl der Laboranalysen so zu wählen, dass ein aussagekräftiges Resultat möglich ist.
Du musst genau wissen, was du wie untersuchen lassen möchtest. Überlege dir beispielsweise, wann und wie viele Proben du ziehen musst, um ein aussagekräftiges Resultat zu bekommen. Zudem ist es lohnenswert, sich bereits im Vorfeld darüber Gedanken zu machen, wie die Resultate der Laboranalysen interpretiert werden sollen. Es gibt nicht für jedes Lebensmittel gesetzlich vorgegebene Grenzwerte.  Deshalb musst du manchmal auch Recherche betreiben.

Bei Lebensmitteln mit längerer Haltbarkeit hat man bei der Markteinführung oft auch noch keine Probe zur Hand, die das Ende der Haltbarkeit bereits erreicht hat. In diesem Fall muss man die Bedingungen für die Haltbarkeitsbestimmung gekonnt simulieren. Es gibt die Möglichkeit, anhand bestimmter Zeit- und Temperaturverhältnisse die Lagerung zu simulieren und das Lebensmittel dadurch schneller altern zu lassen.

Bei der Erteilung eines Laborauftrags musst du also wissen, auf welche Parameter dein Lebensmittel geprüft werden soll und welche Ergebnisse in deinem Fall in Ordnung sein werden. Denke auch daran für Haltbarkeitsbestimmungen die Lebensmittel in der vorgesehenen Verpackung und bei den vorgesehenen Lagerbedingungen anzuliefern.

Vielleicht fragst du dich, ob alle Aspekte der Haltbarkeitsbestimmung aus einer Hand erfolgen sollten. Dies macht in der Regel nur Sinn, wenn die entsprechende Person alle Kompetenzen besitzt, die es für eine Haltbarkeitsbestimmung braucht. Sie muss sich also zum Beispiel auch in der Sensorik gut auskennen.
Wir erachten es als wichtiger, dass die Lebensmittelproduzenten selbst die Zusammenhänge erkennen und bei jeder Änderung der Zutaten, beim Prozess, bei der Lagerung oder beim Verpackungsmaterial daran denken, dass dies Auswirkungen auf die Haltbarkeit haben könnte. Daher muss daran gedacht werden, die nötigen Schritte in die Wege zu leiten und Abklärungen diesbezüglich zu treffen. Zudem kennst du dein Produkt sensorisch wohl am besten. Dir fallen Veränderungen oft sehr schnell auf, wenn du dein Lebensmittel regelmässig sensorisch beurteilst.

Praktikeransatz

Da Laboranalysen häufig sehr kostenintensiv sind, wird das Ablaufdatum eines Lebensmittels mit Mindesthaltbarkeitsdatum in der Praxis vorerst oft ohne Laboruntersuchungen bestimmt. Man vergibt bei den ersten Produktionschargen ein möglichst kurzes Mindesthaltbarkeitsdatum und überprüft anhand von Rückstellmustern, ob das Lebensmittel nach Erreichen des Haltbarkeitsdatum den gesetzlichen Anforderungen und den eigenen Qualitätsstandards noch entspricht. Allenfalls kann die Haltbarkeit schrittweise verlängert oder verkürzt werden.
Wichtig ist zudem, die Aufbewahrungsbedingungen zu definieren und anzugeben, wie mit dem Lebensmittel nach dem Öffnen der Verpackung umgegangen werden soll. Das angegebene Datum gilt bei ungeöffneter Verpackung und bei den vorgegebenen Aufbewahrungsbedingungen.
Es gibt aber noch andere Faktoren als die Sicherheit oder die Qualität der Lebensmittel, die zu berücksichtigen sind. Zum Beispiel haben einige Grossverteiler Anforderungen an die Datierung. Produkte mit einer zu kurzen Haltbarkeitsfrist sind in gewissen Bereichen nicht gerne gesehen, weil sie die Logistik komplizierter gestalten. Auch haben Angaben von zu kurzen Haltbarkeitsfristen Potenzial, mehr Foodwaste zu verursachen. Lebensmittel dürfen nach Ablauf des Verbrauchsdatums nicht mehr verkauft werden. Nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nur noch unter bestimmten Umständen. Zu diesem Thema hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) folgendes Informationsschreiben verfasst: Informationsschreiben 2021/9.1: Abgabe von Lebensmitteln nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD).

Möchtest du mehr über das Thema erfahren? Dann empfehlen wir dir die Guidance on date marking and related food information: part 1 (date marking) der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Unseres Erachtens lohnt es sich allemal Zeit in die Datierung zu investieren. Durch einen geschickten Kompromiss bei der Datierung kannst du die Qualität deiner Lebensmittel gewährleisten. Zudem trägst du einen relevanten Beitrag zum Thema Foodwaste bei, wenn du dich mit der Haltbarkeit deines Lebensmittels befasst. Der Vermerk „oft länger gut» ist zwar eine gute Sache im Sinne der Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten, entbindet aber Lebensmittelbetriebe nicht von ihrer Verantwortung, die tatsächliche Haltbarkeit ihrer Lebensmittel bei korrekter Lagerung zu kennen. Dies ist bei Startups vielleicht nicht von Anfang an möglich, sollte aber im Rahmen einer Qualitätsstrategie unbedingt das Ziel sein.

In einem persönlichen und kostenlosen Beratungsgespräch finden wir heraus, wie wir dich optimal unterstützen können: