Novel-Food: Aussicht auf Bewilligung?

Veröffentlicht: 9. März 2019

Ein vollständiges Novel Food Gesuch einzureichen ist nicht ganz einfach. Ein Gesuchsteller hat seine Erfahrungen mit uns geteilt.

Hast du geprüft, ob deine Lebensmittel auch nach dem «Lebensmittelrecht 2017» in der Schweiz noch ohne Bewilligung verkauft werden dürfen? Zum Beispiel Verkäufer von Gewürzmischungen könnten mit dem Umstand konfrontiert werden, dass ihre Produkte mit dem neuen Recht ohne Bewilligung nicht mehr erlaubt sind. Oder sie müssen belegen können, dass ihre Lebensmittel nicht unter die Novel Food Bestimmungen fallen. Mehr Informationen zu neuartigen Lebensmitteln und zur Unterscheidung von traditionell neuartigen Lebensmitteln findest du in unserem Blogeintrag „Novel Food in der Praxis“.

Die Thematik betrifft mehr Lebensmittelunternehmende als auf den ersten Blick gedacht. Vielen ist nicht bewusst, dass sie auch betroffen sein könnten, da es sich auch um Lebensmittel handeln kann, die nach altem Recht verkauft werden durften.

Beispiel Cascara/Kaffeekirschen

Ein prominentes Beispiel ist Cascara (Kaffeekirschen). Diese werden in der EU als Novel eingestuft und durften somit bisher in der Schweiz auch nicht ohne Bewilligung als Lebensmittel verkauft werden.

Anfang Mai 2020 wurde in der Schweiz aber durch das BLV eine „Allgemeinverfügung bezüglich Bewilligung zum Inverkehrbringen von getrockneter Schale und getrocknetem Fruchtfleisch von Coffea arabica L zur Verwendung als wässrigen Aufguss als neuartiges traditionelles Lebensmittel» publiziert. Dies bedeutet, dass alle Marktteilnehmenden in der Schweiz, auf diese Verfügung gestützt, Cascara in Verkehr bringen dürfen. Vorausgesetzt die Verwendungsbedingungen der Verfügung werden eingehalten. Also beachtet diese bitte. Es gibt zum Beispiel geografische Einschränkungen, die beachtet werden müssen. Für Cascara wurden jeweils mehreren Allgemeinverfügungen veröffentlicht, die jeweils die alte ausser Kraft setzen. Daher ist es notwendig sich auf dem Laufenden zu halten und sich bei der Dokumentation im Rahmen der Selbstkontrolle möglichst auf die neuste zu beziehen.

Das Geheimnis, ob eine traditionelle Verwendung als Lebensmittel (im Sinne der Verordnung) für Cascara nachgewiesen werden kann, ist nun also gelüftet. Bisher schien uns dies noch unklar. Die traditionelle Verwendung konnte zumindest für Kaffeekirschen aus bestimmten Gebieten nachgewiesen werden.

Um beurteilen zu können, in welche Kategorie ein Lebensmittel fällt, muss eine Bestandesaufnahme gemacht werden. Zum Beispiel musste bei den Kaffeekirschen geprüft werden, ob für das Lebensmittel eine traditionelle Verwendung in nachgewiesen werden kann. Es muss der Nachweis anhand der Verwendungsgeschichte erbracht werden, dass es sich in einem Land ausserhalb der Schweiz und der Europäischen Union (EU) in den letzten 25 Jahren als Bestandteil der üblichen Ernährung einer signifikanten Anzahl Personen als sicheres Lebensmittel erwiesen hat. Sowohl die Abklärungen des Gesuchstellers als auch die Beurteilung von Seiten Behörden sind sehr aufwändig. Diese kann erst erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig sind. Es lohnt also ein Gesuch erst einzureichen, wenn die Unterlagen vollständig sind.

Bewilligungsgesuch für ein traditionelles Novel Food

Viele Kleinunternehmer haben den Eindruck, dass sie keine Chance hätten eine Bewilligung für ein Novel Food Lebensmittel zu erhalten. Sie stellen den Verkauf ihrer Produkte ein oder verkaufen das Lebensmittel so lange, bis sie gezwungen werden, es aus dem Handel zu nehmen.
Wir haben mit jemandem gesprochen, der seine „Hausaufgaben“ gemacht und rechtzeitig ein Bewilligungsgesuch beim BLV eingereicht hat. Patric Fuhrimann von der Swipala GmbH hatte das Gesuch um Bewilligung als traditionelles neuartiges Lebensmittel für Cañihua (Chenopodium pallidicaule) eingereicht und bewilligt bekommen. Von dieser Bewilligung profitieren jetzt alle Unternehmer, die Cañihua ebenfalls verkaufen möchten.
Wir befragten Patric zu seinen Erfahrungen und wie er für die Einreichung des Bewilligungsgesuchs beim BLV vorgegangen ist.

Was hat dich dazu bewogen, ein Gesuch beim BLV einzureichen?
Der Glaube an ein gutes Produkt. Ich war überzeugt, dass es einen Markt für dieses Lebensmittel gibt. Zudem motivierte mich, dass ich dazu beitragen kann, durch die Marktöffnung die Situation der Kleinbauern in Bolivien verbessern zu können. Zuletzt verspürte ich ausserdem den Ehrgeiz, auch als kleine Unternehmung etwas bewegen zu können.

Wie bist du vorgegangen?
Als erstes haben wir eine Internetrecherche gemacht. Zudem haben wir früh den Kontakt mit dem BLV aufgenommen und geklärt, was alles konkret von uns verlangt wird. Danach habe ich einen grossen Partner gesucht, der uns professionell unterstützen konnte und die Kapazität hatte, die entsprechenden Daten zu beschaffen.
Gleichzeitig haben wir das Netzwerk in Bolivien ausgebaut und Organisationen gesucht, die sich wissenschaftlich mit dem Thema befassen. Wir waren in ständigem Austausch mit ihnen.

Welche Schwierigkeiten hattest du? Welches war die grösste Schwierigkeit?
Die Unmöglichkeit einen Zeitplan zu erstellen. Wir hatten keine Ahnung wie lange das Zusammentragen der Unterlagen und das Bewilligungsverfahren dauern wird. Auch wussten wir nicht, wie viel uns das Ganze am Ende kosten wird. Wir haben uns zwischen Markt- und Behördendynamik bewegt, wo ein völlig anderes Tempo herrscht.

Was würdest du anderen raten?

  • Den Mut zu haben ein Bewilligungsgesuch einzureichen. Mein Credo ist: „Lieber bedauern, dass man es gemacht hat, als bedauern, dass man es nicht gemacht hat.“
  • Auch wenn das Gesuch am Ende nicht gutgeheissen worden wäre, hätte das Vorhaben in einem Erfolg geendet. Zum Beispiel weil ich sehr viel über den Umgang mit Behörden gelernt habe oder Kontakte knüpfen konnte. Der übergeordnete Motivator darf nicht Geld sein.
  • Dranbleiben und immer wieder nachfragen, damit es weiter geht.

Wie lange hat das ganze Bewilligungsverfahren gedauert?
Etwa 1.5 Jahre von der Recherche bis zur Erteilung der Allgemeinverfügung vom BLV.

Über die Swipala GmbH:
Die Swipala GmbH aus Wabern bei Bern setzt sich für eine nachhaltige Produktion, eine faire Entlöhnung der Produzenten und eine möglichst hohe Wertschöpfung im Ursprungsland ein.
Die Swipala GmbH hat beim Novel Food Gesuch nicht zum ersten Mal keine Mühen gescheut und als kleine Unternehmung erstaunliches erreicht. Denn sie hat sich auch kurz nach einer Revision des Zollrechts, dafür eingesetzt, dass Quinoa, Amaranth und Cañihua zollfrei in die Schweiz importiert werden können. Im Jahr 2008 wurde dies möglich. Auch hiervon profitieren jetzt alle Markteilnehmer, die die genannten Pseudocerealien in die Schweiz importieren möchten.

Willst du mehr über Novel Food erfahren? Dann lies unsere Blogeinträge zu den Themen „Novel Food in der Praxis“ und „CBD».

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